tapestry  of  time                               

 

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theologie

 

transit

Wilhelm Herud  „in liebe der welt gewidmet“

 

eine WELT ohne ZEIT und RAUM ist für den MENSCHEN

(und GOTT ?) undenkbar

 

Während dieses Jahres in Aarau kam mir die Frage: Wenn man einer Lichtwelle mit Lichtgeschwindigkeit nachläuft, so würde man ein zeitunabhängiges Wellenfeld vor sich haben. So etwas scheint es aber doch nicht zu geben. Dies war das erste kindliche Gedanken-Experiment, das mit der speziellen Relativitätstheorie zu tun hat.“

                                       Albert Einstein, so wie er sich kurz vor seinem Tod an einen Moment seiner kurzen Schulzeit (1895/96) in der Schweizer Kantonsschule Aarau erinnert, zitiert nach: Domenico Giulini, Spezielle Relativitätstheorie (WWW.FISCHER-KOMPAKT.DE) Frankfurt 2004²

 

Alles in der Welt ist gut, und in seiner Essenz das beste und ist was es ist. Alle Kreise und Sphären in der Welt werden verrückt, wenn eine in die andere rückt, wenn der Mensch Engel und der Engel ein Gott, und das Tier ein Mensch, und der Stein ein Tier werden soll. … Für diese Welt ist alles vollkommen, aber für die Zukunft ist Nichts, Nichts in der Welt vollkommen.“

                                       Johann Gottfried Herder in seinem Brief (58) an Moses Mendelssohn vom April 1769 anläßlich dessen 1767 erschienener Schrift „Phaedon oder von der Unsterblichkeit der Seele“. Auf das Zitat stieß ich im Rahmen meiner Recherchen zu den Herder-Mendelssohn-Bezügen in

                                                                            

 

Raphael Straus´ APOKATASTASIS-Konzept (auf der Flucht vor den Nazis entstanden, die seine Forschungen als jüdischer Historiker missbrauchten, geb. am 25.02.1887 in Karlsruhe, gest. am 03.05.1947 in New York, sein Neffe Ernst Gabor Straus, 1922-1983, war übrigens Assistent bei Albert Einstein und Pál Erdös [ihm verdankt Einstein seine Erdös-Zahl 2]) daraus ein Zitat zur Spiegelung/

Synchronizität, und zur Zeit:

„…diese Spiegelung im Nachbarn bleibt immer eine beglückende und bereichernde Komponente des Kulturbewusstseins. Für die empfängliche Seele ist der Nachbar ein Glücksbringer: … tatsächlich sind die Angesichter aller Nachbarn von den gleichen natürlichen und geschichtlichen Kräften gezeichnet. … Der eitelste Geck könnte keinen so sinnreichen Spiegel entdecken und ständig benutzen wie der Nachbar, der immer und immer sich im Nachbarn spiegelt … (Original-Manuskript 190 ff) (108 f). Ethische Maximen der „heiligen Schriften“ können jedoch in der „Affektbereitschaft fanatischer Frömmigkeit“ zu „gieriger“ Machtaneignung führen und so Denunziation und Verfolgung fördern statt Übereinkunft und nachbarlichen Frieden ([Original 186] [107] unter Bezugnahme auf Nathaniel S. Shaler , The Neighbor, 1904): im prophetischen Rückblick auf eine Erwählung Gottes und eine sich vor diesem „Willen“ (429) selbst verpflichtende Menschheit kann aber alles wieder eine „zusammenhängende Größe“ der Religionen werden: in Erinnerung an die Zeit, „wo Gott Gott war und der Mensch Mensch, und das Gesetz Gesetz war, und auch das Unbegriffene als Gottes Gebot ohne theologische Überdehnung erfüllt werden konnte“ (Original 762 f) (420)

Die Denker der Zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts suchten sich immer wieder besondere Räume aus, um ihre Zeit (und die der vergangenen Jahrzehnte) zu beschreiben, Räume wie Passagen oder auch Eisenbahn-Abteile, Räume, verfilmbar, bis hin zu ungekannten Beschleunigungs-Szenarien. Raphael Straus beschreibt die rasante Fahrt in einem Eisenbahn-„Coupé“, um die Begegnung der Religionen unter dem Zwang von Zeit und Raum (Geschichte) zu veranschaulichen:

Es ist das Bedürfnis einander gegenüber zu stehen, wo man nun doch einmal so dicht beieinandersteht, und miteinander nicht glaubt stehen zu sollen. Es ist, wie wenn im vollbesetzten Eisenbahnabteil auf nächtlicher Reise eine Schienenkurve die Reisenden aufeinanderprallen lässt, so dass sie erwachen und indigniert auseinanderrücken – das Leben gleicht wohl im ganzen einer solchen Fahrt. Aber dergleichen passiert doch nur den Reisenden in einem und demselben Coupé, und das bedeutet: bei der gleichen Fahrtrichtung, dem gleichen Waggon, der gleichen Lokomotive und der gleichen Führung! Es kommt auch vor, dass ein vom Schicksal Benachteiligter nur einen ungünstigen Coupéplatz gefunden hat – über den Rädern oder nahe eines zugigen Fensters – und dass er dann freiwillig dem Nachbarn wirklich bedrohlich auf den Leib rückt. … Wer die … Beispiele in ihrem geschichtlichen Verlauf näher betrachtet, der wird bemerken wie überraschend schnell eine … Assimilation“ sich vollzieht …(:) der leichte Übergang von frostiger Abschließung zu freundlichem Entgegenkommen (Original 751 ff) (416 f) Abruck aus dem APOKATASTASIS-Manjskript v. Raphael Straus vor Drucklegung (in Planung durch den www.metropol-verlag.de  Berlin) mit freundl. Genehmigung von Prof. Dr. Michael Brocke www.steinheim-institut.de , dort auch Näheres zu Straus: http://sti1.uni-duisburg.de/projekte/straus/index.xml

Diese Räume des leichten Übergangs“ boten aber auch den Schauplatz für bisher kaum denkbare Begegnungen. So schreibt Walter Benjamin in seinem Passagen-Werk: „Die eigentümlichen Bauaufgaben des neunzehnten Jahrhunderts: Bahnhöfe, Ausstellungshallen, Warenhäuser (nach Giedion) haben sämtlich kollektive Anliegen zu ihrem Gegenstande. Von diesen Konstruktionen (,) > verpönten, alltäglichen< wie Giedion sagt, fühlt sich der Flaneur angezogen. In ihnen ist das Auftreten großer Massen auf dem Schauplatz der Geschichte schon vorgesehen.“ (PW 569) Und bei den Anmerkungen (PW 1208) findet sich unter „Nr. 4 Motive zur Passagenarbeit“ an erster Stelle „Der Eintritt der Eisenbahn in die Traum- und Symbolwelt“!

 

 Die Spiegel- wie auch die Labyrinth-Idee, die sich in  Denkstrukturen von Benjamin und Straus zeigen, gehen bei Beiden womöglich auch auf Jan Amos Comenius zurück. Wie in dessen Werk „Das Labyrinth der Welt und das Paradies des Herzens“ (Amsterdam 1631, bereits ein knappes Jahrzehnt zuvor begonnen, 1631 läßt sich übrigens Rembrandt in Amsterdam nieder) zeichnen Beide in topographischer Weise Begegnungen von Menschen in der Geschichte nach ohne die Orte möglicher Utopie oder möglicher Vanitas aus den Augen zu verlieren. (vgl. mein Arbeitskonzept S. 50).

 

Walter Benjamin veröffentlichte im Januar 1929 in der Zeitschrift VOGUE beispielsweise den Artikel „Paris, die Stadt im Spiegel“, ein Jahr zuvor machte er Pläne zu einer „dialektischen Feerie“ über die „Pariser Passagen“ (vgl. dazu seine Notiz im Passagen-Werk, 1059, zur Metro als Labyrinth PW 135 f  und zur Stadt als „Realisierung des alten Menschheitstraums vom Labyrinth“ PW 541)). Im Passagen-Werk offenbart er auch die am „Communarden“ Auguste Blanqui gewonnene Einsicht in die „Phantasmagorien des Jahrhunderts“, denen (nach Blanqui) weder durch die Zeit, noch durch den Raum des Universums die Ruhe desselben zurückgegeben werden kann.

Darauf weist indirekt (dankenswerterweise!) Lisa Block de Behar hin in dem Kapitel „La invención de un mundo real“ ihres Buches über Adolfo Bioy Casares. Sie nennt einen Brief von Benjamin an Horkheimer aus dem Jahr 1938, in dem er Blanqui´s „fantasmagorías astronómicas“ i. S. des erst 1940 weiterentwickelten „mesianismo“ zitiert. www.liccom.edu.uy/docencia/lisa/editora/bioy.html .

 

 Die Weinigsten aber wissen, dass diese – offenbar während der Lektüre von Blanqui´s „L`Eternité par les Astres“ entwickelte - Idee des Messianismus nicht nur jüdische Motivation durch Scholems „Kabbala-Aura-Dialoge“ (mit Benjamin) erfuhr und frühsozialistische Gedanken von Moses Hess aufnimmt, sondern eben auch Origenes` Apokatastasis-Konzept „streift“. 

Quant aux étoiles...elles reproduisent les mélanges issus, des miliiards des fois, du choc et de la volatilisation. Les planètes, au contraire, représentent le tria­ge accompli par la différence et le classe­ment des densités. Certes, le mélange des éléments stello-planétaires, préparé par l‘infini, est autrement complet et intime que celui de drogues qui seraient soumises, cent ans, au pilon continu de trois générations de pharmaciens.

Mais j‘entends des voix s´ecrier:

« Où prend-on le droit de supposer dans les cieux cette tourmente perpétuelle qui dévore les astres, sons prétexte de refonte, et qui inflige un si étrange démenti à  la régularite de la gravitation? Où sont les preuves de ces chocs, de ces conflagrations résurrectionnistes? Les hommes ont ton­jonrs admiré la majesté imposante des mouvements célestes, et Jl‘on vondrait rem­placer un si bel ordre par le désordre en permanence! Qui a jamais apercu nulle part le moindre symptôme d‘un pareil tohu-bohu 7

Les astronomes sont unanimes à proclamer 1‘invariabilité des phénomènes de l‘attraction. De l‘aveu de tous, elle est un gage absolu de stabilité de sécurité, et voici surgir des théories qui prétendent l´ériger en instrument de cataclysmes. L‘expérience des siècles et le térnoignage

 

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l‘éternité  par les astres

 

 

WATTEAU pour l`humanité

a THIEFs dream

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Georges Rochegrosse, aus: Camille Flammarion, La fin du monde, Paris 1894

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Henschel-Wegmann-Lok 1935 auf Probefahrt, erreichte 175 km / h , im Linienverkehr Berlin - Dresden ab 1936 mit Spitzen von 135 km / h

Bildarchiv Sammlung Gottwald

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Claude Monet, La gare de Saint-Lazare, 1876-77 Chicago, The Art Institute: Ende 1876 stellte Monet seine Staffelei für längere Zeit in diesem Pariser Bahnhof auf und malt ein  Dutzend  verschied-ener Perspektiven mit unterschiedlichem Licht

(vgl. Gabriele Crepaldi, Impressionismus, Köln 2002, S. 184)

 

 

 

von Comenius selbst-gezeichnetes Labyrinth-Bild